Deutsche Friedensgesellschaft Münster

Leserbrief von Robert Hülsbusch (Mitglied der DFG-VK, Sprecher der FI Nottuln) zum Kommentar „Neuer Freiwilligendienst der Bundeswehr – stärker verankern!“* von Stefan Biestmann, WN, 6.(7.)4.2021, erschienen in verkürzter Form in der WN am Sa. 17.4.21 (s.u.)

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„Dass junge Menschen für den „Ernstfall“ ausgebildet und angeworben werden, finde ich klasse. Die Corona-Pandemie ist – so der WN-Kommentator – zurzeit dieser Ernstfall: Kontaktnachverfolgung bei Infektionen, Schnelltests in Altenheimen, der Aufbau und die Organisation von Impfzentren. 1000 junge Menschen sind für diesen Freiwilligendienst bereit und treten ihren Dienst an. Super. Das macht Hoffnung. Wobei – warum werden diese jungen Menschen – so ist auf der Seite der Bundeswehr zu lesen und zu sehen – in den ersten drei Monaten am Gewehr ausgebildet, kriechen im Tarnanzug mit geschwärzten Gesichtern und Stahlhelm  – mit Tannenzweigen „geschmückt“ – durch den Wald? Warum geht es  „ins Feld, um die Grundlagen des Gefechtsdienstes kennen zu lernen“?  Bisher dachte ich, für den oben beschriebenen Corona-Ernstfall sind andere Qualifikationen notwendig – auch eher ein weißer Kittel statt Kampfanzug. Liest man den Kommentar weiter, stößt man auf die Lösung: Dieser Freiwilligendienst soll den jungen Menschen „die Karriere als Berufssoldat schmackhaft“ machen. Lassen Sie mich es drastisch und anschaulich schreiben: Die jungen Leute sollen „Blut lecken“!

Das ist die Perspektive, die Stefan Biestmann in jedem seiner Kommentare predigt. Mehr Bundeswehr, mehr Rüstung, mehr „Verantwortung“, was meint, mehr Kriegseinsätze für die jungen Leute und am besten „die Rückkehr zur Wehrpflicht“.  Stefan Biestmann wird gute 30 Jahre sein. Er hat nicht die Erfahrung, die wir – als 60-, 70-, 80jährige – haben, als Nachkriegskinder, die von ihren zum Teil traumatisierten Eltern, die den Zweiten Weltkrieg miterlebten, erfahren haben, was Krieg bedeutet, was es bedeutet, auf militärische Optionen zu setzen. Nur Leid und Tod und Zerstörung.

Diese Erfahrung ist die tiefe Prägung einer ganzen Generation, die in den letzten Jahrzehnten auch dazu führte, dass Deutschland im Hinblick auf Kriegseinsätze (zum Teil) sehr zurückhaltend war.  „Nie wieder!“ war der feste Vorsatz, der sich in die Herzen und Gehirne der Menschen nach dem Krieg eingebrannt hatte.

Mit Sorge betrachte ich, dass sich diese Haltung langsam auflöst. 1)

Ich kenne natürlich die Argumente, die nun kommen:  Die BW ist gerade dafür da, dass Kriege und Gewalt verhindert werden.  Ich weiß. Ich weiß aber auch: In den letzten 30, 40 Jahren ist dies nicht gelungen. Die Kriege und die Kriegseinsätze (natürlich aus „humanitären Gründen“) im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und sonst wo, haben immer nur  noch mehr Leid, Zerstörung und Tod gebracht. 

„Wann wird man je verstehn“!

Robert Hülsbusch, Nottuln

1) Günter Kunert: „Als der Mensch / unter den Trümmern / seines / bombardierten Hauses / hervorgezogen wurde, / schüttelte er sich / und sagte:/ Nie wieder. // Jedenfalls nicht gleich.“  (Aus dem Gedicht „Über einige Davongekommene“, hatte Kunert das zerstörte Nachkriegsdeutschland vor Augen.)

Abgedruckt wurde in der WN am Sa. 17.4.21 die verkürzte Version davon:

* https://www.wn.de/Kommentar/4398094-Kommentar-Neuer-Freiwilligendienst-der-Bundeswehr-Staerker-verankern

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