Deutsche Friedensgesellschaft Münster


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Rede von Maria Buchwitz, Diözesanvorsitzende von pax christi Münster auf der Abschlusskundgebung der Osterfriedensfahrraddemo vor der Manfred-von-Richthofen-Kaserne am 3.4.21

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

danke, dass ihr heute hier dabei seid, danke, dass wir gemeinsam Farbe bekennen für Frieden, für Abrüstung, für eine echte Entspannungspolitik, dafür, dass Deutschland endlich den Atomwaffenverbotsvertrag unterschreibt und sämtliche amerikanische Atomwaffen von deutschem Boden abzieht!

Liebe Friedensfreund*innen,

die Anrede wäre zutreffend für fast alle Menschen: Wenn wir in einer beliebigen Stadt eine Umfrage starten würden mit der Frage: „Wollen Sie Krieg – oder wollen Sie ein friedliches Zusammenleben zwischen den Menschen und den Völkern?“ wäre das Ergebnis eindeutig. Die Menschen – alle Menschen wollen in Sicherheit und in Frieden zusammenleben – und dennoch stehen die Zeichen auf Aufrüstung. Wie immer geht das mit dem Aufbau von Feindbildern einher, da ja die Bevölkerung irgendwie umgestimmt werden muss. Viel zu viele Stimmen sagen, dass nur viel Militär Sicherheit schafft, dass wir aufrüsten müssen, weil es ja die anderen auch tun. So kommen wir nie heraus aus dem Teufelskreis der Angst, aus der Spirale der wechselseitigen Bedrohungen.

Wir haben heute genug Zahlen und Fakten gehört – an dieser Stelle aber noch einmal ganz klar: Rüstung tötet schon jetzt. Es kann und darf nicht sein, dass die Bundesregierung in diesem Jahr über 12 Milliarden Dollar für neue Atombomben ausgeben will, dass die Bundeskanzlerin und die Verteidigungsministerin AKK mit dem 2 % Ziel einen jährlichen Rüstungsetat von 70-80 Milliarden Euro anstreben, während gleichzeitig die Humanitäre Hilfe massiv gekürzt wird für Syrien und den Jemen, wo humanitäre Katastrophen unvorstellbaren Ausmaßes stattfinden – verursacht u.a. durch unsere geostrategischen Wirtschaftsinteressen. Das ist menschenverachtend – das ist unerträglich!

Ich möchte zum Abschluss unserer Friedensfahrradtour heute kurz den Blick lenken auf ein Szenario, welches die Evangelische Landeskirche gemeinsam mit vielen Vertreter*innen bundesweiter Friedensorganisationen 2018 entwickelt hat – Sicherheit neu denken. Es geht in ganz konkreten Schritten darum, wie Deutschland analog dem Ausstieg aus der Atom- und Kohleenergie bis zum Jahr 2040 die militärische Aufrüstung überwinden könnte; d.h. weg von einer Politik, die Verantwortung als militärische Stärke und Intervention missversteht. Im Mittelpunkt von Sicherheit neu denken steht Gewaltprävention und vor allem gute nachbarschaftliche Beziehungen.

Durch gute nachbarschaftliche Beziehungen wird Vertrauen geschaffen, sodass Gewalt überwunden werden kann. So heißt die erste große Säule bei Sicherheit neu denken gerechte Außenbeziehungen.

Gerechtigkeit und Frieden gehören zusammen, so schrieb es schon vor ca. 2000 Jahren der Prophet Jesaja:“ Der Gerechtigkeit Frucht wird Frieden sein“. Im Blick auf die südlichen Nachbarn der EU heißt das ganz klar für uns, dass die strukturelle Benachteiligung des Globalen Südens durch unsere westlich dominierte Welthandels- und Weltfinanzordnung, mit der wir westlichen Industrieländer koloniale Strukturen weiter fortsetzen, überwunden werden muss. Stichwort EU-Agrarüberschüsse, die in afrikanischen Ländern die Märkte zerstören, soll an dieser Stelle genügen. Das jetzt im Bundestag eingebrachte Lieferkettengesetz spielt hier eine wichtige Rolle.

Gute nachbarschaftliche Beziehungen zu unserem östlichen Nachbarn der EU Russland spielen bei Sicherheit neu denken ebenso eine wichtige Rolle. Ziel im Szenario ist eine gemeinsame Wirtschaftszone von Lissabon bis Wladiwostok, so wie es um die Jahrtausendwende bereits im Gespräch war und vorwiegend durch die NATO Osterweiterung verhindert wurde. Klar ist doch: Atomwaffen an der russischen Grenze schaffen Angst und niemals Sicherheit und Frieden! Schluss also muss sein mit dem ewigen Aufbau des Feindes Russland, welches zudem einen kleinen Bruchteil des Geldes für Verteidigung aufbringt wie die NATO und kein Interesse an einem Angriffskrieg hat! Wir müssen Putin und seine Politik überhaupt nicht mögen, aber ohne Entspannung und ohne Kooperation mit Russland werden wir keinen Frieden in Europa erhalten können. Russland ist ein Teil Europas – kulturell und historisch – und wir haben hier eine große historische Verantwortung. Russland ist das Land, das mit mindestens 27 Millionen Toten mit Abstand die meisten Toten des 2. Weltkrieges zu beklagen hat.

Ich mache an dieser Stelle einen Punkt, möchte aber noch auf unsere nächsten Veranstaltungen hinweisen:

  • 22. Juni: 80 Jahre Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion – Eugen Drewermann spricht um 19 Uhr in der Überwasserkirche zum Thema „Wege zum Frieden“. Vorher um 17 Uhr: Besuch des ehemaligen russischen Strafgefangenenlagers in Hiltrup.
  • 28.04. Diskussion im PGH zu Sicherheit neu denken mit Ralf Becker (Mitinitiator), Sevim Dagdelen und Prof. Heinz-Günther Stobbe.
  • 8. Mai – Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus Politisches Mittagsgebet um 12.45 in der Lambertikirche
  • 6. und 9. August – Gedenktage zu Hiroshima und Nagasaki
  • September Friedenskulturmonat – zahlreiche Veranstaltungen der Münsteraner Friedensgruppen zum Schwerpunktthema Russland. 2 Veranstaltungen am 8.9. und 9.9. – zum einen eine Lesung mit Musik – deutsche und russische Stimmen zu Krieg und Frieden – und ein Streitgespräch NATO 2030 – wofür brauchen wir die NATO?

Dank an alle, besonders an Friedenskooperative und DFG-VK für Orga.

Hinweis auf Ostermarsch Rhein-Ruhr (http://www.ostermarsch-ruhr.de) und Dülmen (Mo. 5.4. 11 Uhr Ostermarsch https://www.friedensfreundeduelmen.eu).


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Rede von Rosemarie Brombach (Friedenskooperative) auf der Auftaktkundgebung der Osterfriedensfahrraddemo vorm Schloss der WWU Münster am 3.4.21

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

Wir möchten jetzt mit unserer Osterfahrradfriedenstour starten.

Dazu begrüße ich euch ganz herzlich und freue mich riesig, dass ihr gekommen seid.

Mein Name ist Rosemarie Brombach, ich spreche hier für die Friedenskooperative Münster. Wir haben diesen Ostermarsch zusammen mit der Deutschen Friedensgesellschaft Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen und Pax Christi organisiert.

Bis vor kurzem war uns noch nicht klar, ob wir diese Aktion durchführen können. Aber wir sind an der frischen Luft, halten uns an die Regeln.

Und wir wollen uns die Straße für diese Frage auch nicht nehmen lassen.

Wir sind auch nicht allein.

In über 90 Orten sind Ostermärsche angekündigt, einige haben schon stattgefunden, z.B. die Fahrradtour in Gronau gestern, am Karfreitag.

Am Montag wird in Dülmen das US-Munitionsdepot Tower Barracks symbolisch blockiert werden.

Toll, dass ihr jetzt hier dabei seid!

Wir haben als Überschrift: Für Frieden, Abrüstung und Umweltschutz!

Wir sind so glücklich darüber, dass in den letzten Jahren eine starke Bewegung von Jugendlichen und jungen Menschen entstanden ist, die sich gegen die Klimapolitik der Herrschenden richtet.

Jugendliche, die sagen:

“So geht es nicht weiter! Wir wollen nicht, dass man unsere Zukunft verspielt. Wir wollen auf dieser Erde ein sinnvolles Leben leben! Wir wollen den Planeten erhalten!“

Das ist eine humane Sichtweise auf die Welt.

Jetzt möchte ich euch kurz etwas erzählen:

Vor einer Woche wurde in Münster ein antikoloniales Wandbild zerstört.

Am cuba, in der Achtermannstr., ihr könnt es euch ansehen.

Ganz offiziell weiß überstrichen auf Geheiß des Eigentümers.

Nach dem bürgerlichen Gesetzbuch ist dies sein gutes Recht.

Es ist trotzdem ein Akt der Gewalt gegenüber unseren allgemeinen Interessen.

Wofür stand dies Wandbild:

Für eine Kultur von unten.

Gegen die Gewalt von Krieg, Kolonialismus, gegen die Zerstörung von Natur und von Lebensräumen.

Für eine Kultur des Widerstands.

Jetzt ist dies aus dem Stadtbild sozusagen ausradiert.

Stattdessen ist die Stadt nicht bereit, sich vom Traindenkmal zu verabschieden, wo der deutsche kriegerische Kolonialismus verherrlicht wird. Wir werden dort mehr dazu hören.

Immer heftiger setzt sich die kapitalistische Gesetzmäßigkeit durch:

Natur, Menschen, Dinge, also auch Häuser und ihre Wände als Objekte der Vernutzung, als Quelle von Profit für einige Wenige.

Das führt in der Logik zum Zwang, die Welt immer wieder neu aufzuteilen, um an die Ressourcen zu gelangen, was dann wieder unsere Umwelt bedroht.

So entstehen dann auch neue Kriege und werden neue Kriege geplant.

Das zeigt, wie sehr Umwelt- und Friedensbewegung und auch andere Bewegungen aufeinander angewiesen sind und zusammengehören, auch wenn die Grüne Partei dies lange vergessen hat.

Lasst uns in Zukunft mehr zusammenarbeiten und voneinander lernen!

Neben den Kriegsschauplätzen an so vielen Orten in der Welt konzentriert sich die Nato auf mögliche Kriege gegen Russland und China.

Jeden Tag wird uns eingehämmert, dass wir von diesen Ländern bedroht sind.

Seit dem Nato-Gipfel 2017 wird etwas geplant, das uns erst einmal klar werden muss:

Deutschland soll zur Drehscheibe eines möglichen Krieges gegen Russland aufgerüstet werden.

Deshalb führt unser Weg auch zur Manfred-von-Richthofen-Kaserne.

Hier soll etwas ganz Ungeheuerliches entstehen:

Die Kaserne soll zu einem Nato-Einsatzhauptquartier ausgebaut werden.

Für die Logistik der geplanten Kriege, insbesondere gegen Russland.

Dazu werden wir mehr hören, wenn wir dort sind.

Aber, was ich jetzt schon einmal sagen kann:

Wenn das tatsächlich beschlossen und durchgeführt würde, wird unsere Stadt zu einem gefährlichen Brennpunkt der weltweiten Eskalation.

Das muss verhindert werden!

Deshalb fordern wir:

Konversion der Manfred-von-Richthofen-Kaserne!

Frieden mit Russland und China!

Alles andere lässt sich verstehen, wenn man diese Grundlagen über Deutschlands Rolle in der Nato kennt.

Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag zustimmt.

Der ist im Januar in Kraft getreten.

Aber Deutschland will lieber mitspielen im Spiel der Atommächte.

Wir sagen:

  • Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen!
  • Aus der nuklearen Teilhabe aussteigen!
  • Keine Anschaffung neuer Kampfbomber!
  • US-Atomwaffen raus aus Deutschland!
  • Büchel dichtmachen!

Wegen seiner herausragenden Rolle bei den Planungen der Nato will Deutschland auch nicht abrüsten.

Das Ziel der Bundesregierung bleibt: 2% des Bruttoinlandsproduktes für den Rüstungshaushalt.

Die Militärausgaben sollen weiter unendlich gesteigert werden:

Dieses Geld fehlt im sozialen Bereich. Anne Sandner vom DGB wird gleich etwas dazu sagen.

Leider müssen wir jedes Jahr das Gleiche wiederholen, auch auf die Gefahr hin, dass es langweilig wird. Wir müssen es wiederholen, bis wir gemeinsam so stark geworden sind, dass wir es durchsetzen können:

  • Abrüsten statt Aufrüsten
  • Keine Neuanschaffung von Killerdrohnen!
  • Und es ist endlich Zeit, die Auslandseinsätze zu beenden, auch in Afghanistan!
  • In den Frieden investieren, nicht in den Krieg!

Rosemarie Brombach


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Rede von Kathrin Vogler MdB, friedenspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE., Mitglied der DFG-VK auf der Abschlusskundgebung der Osterfriedensfahrraddemo vor der Manfred-von-Richthofen-Kaserne in Münster am 3.4.21

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Wir stehen heute hier vor der Manfred-von-Richthofen-Kaserne, die künftig vielleicht Standort für ein „Führungskommando Landstreitkräfte“ sein soll.

„Vielleicht“? Ja oder auch nein. Das Bundesministerium der Verteidigung will sich da noch nicht festlegen. Ich habe kürzlich nachgefragt und das Ministerium hielt sich bedeckt: Der Standort sei „zur infrastrukturellen Bedarfsdeckung des Heeres vorgesehen“.

Das Heer hat Bedarf?

Ein „Führungskommando Landstreitkräfte“ soll dazu beitragen, die Führungsorganisation des Heeres für die – wie sie sagen – „anspruchsvollste Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung“ zu verbessern sowie „die Verpflichtungen gegenüber NATO und EU vollumfänglich zu erfüllen“.

Auf deutsch heißt das: Die Heeresorganisation soll für den Krieg optimiert werden. Und das wollen wir nicht hinnehmen!

Ja, sie planen für den nächsten großen Krieg, in dem Landstreitkräfte geführt werden müssen. Es ist schon gruselig, dass für solche Planungen gerade diese Kaserne ins Auge gefasst wurde. Denn auch ihr Namensgeber steht für die verhängnisvolle Tradition des deutschen Militarismus.

Manfred von Richthofen, deutscher Offizier und Jagdflieger im Ersten Weltkrieg, trat schon mit elf Jahren in ein Kadettenkorps ein. Als „Roter Baron“ wurde er zur Legende. Er soll in diesem Krieg mehr als 80 Luftkämpfe gewonnen haben, bis er am 21. April 1918 über Frankreich abgeschossen wurde und starb.

Die Hitlerfaschisten begingen seinen Todestag von 1935 bis 1945 als „Ehrentag für die deutsche Luftwaffe“.

Und die Bundeswehr? Sie gab diesem Standort seinen Namen, „Richthofen-Kaserne“.

Was war das für ein Mann, der da zum Vorbild für Bundeswehrangehörige stilisiert wird? Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen:

Richthofen sagte einmal: „Man kann sich für alles begeistern. Eine Zeit lang war ich begeistert vom Bombenwerfen. Es bereitete mir ein ungeheures Vergnügen, diese Kerle von oben zu bombardieren.“

Und er sagte auch: „Es ist schade, dass in meiner Trophäensammlung kein einziger Russe zu finden ist“.

Heute hat das deutsche Militär wieder „die Russen“ im Visier. Die Bundeswehr ist seit 2017 mit 500 Soldat*innen als Teil der Enhanced Forward Presence im Baltikum und führt die „NATO-Battlegroup“ in Litauen.

Die militärisch-politischen Eliten nennen das die „Sicherung der Ostflanke der NATO“.

Ich nenne das eine Provokation gegen Russland, die wissentlich eine militärische Auseinandersetzung in Kauf nimmt. Sie sichern dort gar nichts. Sie sind die Bedrohung. Sie gefährden den Frieden, Tag für Tag. Wir wollen eine andere Politik, eine Politik der Verständigung und Entspannung, denn nur so können wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel sichern.

Im Rahmen der sogenannten „nuklearen Teilhabe“ der NATO üben Bundeswehrpiloten in Deutschland täglich den Atomkrieg. Jedes Jahr wird das auch im Rahmen der Atomkriegsübung „Steadfast Noon“ aufs Neue trainiert. Wir stehen für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag der UNO. Deutschland braucht keine neuen Atombomber, sondern eine atomwaffenfreie Zone und neue Anstrengungen für eine atomwaffenfreie Welt!

Dann wälzt sich seit 2014 alle neun Monate ein US-amerikanischer Militär-Aufmarsch namens „Atlantic Resolve“ durch Westeuropa bis an die Ostflanke der NATO mit mehr als 5.000 Soldaten, fast 500 Kettenfahrzeugen und bis zu 100 Transport- und Kampfhubschraubern.

Auch hier ist die Bundeswehr direkt beteiligt, stellt über den „Host Nation Support“ Infrastruktur und Transportbegleitung zur Verfügung, die Deutsche Bahn ist Vertragspartner für den Schienentransport der US-Panzer und Haubitzen, die Nordseehäfen sind die Landestellen für das US-Militärgerät und zivile Flughäfen, wie der in Dresden, dienen als Tank- und Rastanlagen für die US-Hubschrauber auf ihrem Weg gen Osten. Und während dieser neun Monate trainieren die US-Truppen mit den Armeen fast aller europäischen Länder in bis zu 20 Manövern – den Krieg.

Wir sind mitten drin. Europa ist zum Mega-Sandkasten für die Kriegsspiele der NATO und der USA geworden. Und aufgrund seiner geografisch zentralen Lage ist Deutschland das Drehkreuz für Militäraufmärsche.

Seit letztem Jahr gibt es die US-Kriegsübung DEFENDER Europe. Defender Europe 2020 wurde von der Corona-Pandemie gestoppt. Aber wir sahen in den ersten Monaten genau, was uns da erwarten sollte: der größte US-Truppenaufmarsch seit dem Ende des Ost-West-Konflikts.

In Deutschland rollten Militärtransporte über Straßen und Schiene, Truppenübungsplätze wurden zu Heerlagern für die US-Truppen und ihre Verbündeten, darunter natürlich auch die Bundeswehr. Die US-Generalität versprach ihren Truppen, dass jubelnde Menschen am Rande der Transporte fahnenschwenkend warten würden. Stattdessen standen wir da:

STOPPT DEFENDER 2020 war auf Transparenten und Flyern zu lesen. Die Friedensbewegung hatte Widerstand mobilisiert, von Duisburg bis Torgau , von Bremerhaven bis Ulm. Statt bis Juni dauerte das Kriegsmanöver Defender Europe 2020 nur bis März, die US-Soldaten verließen Europa, wegen Corona!

Aber sie sollen wiederkommen. Es heißt, Defender Europe würde nun jährlich stattfinden, in den geraden Jahren im nördlichen, in den ungeraden Jahren im südlichen Bündnisgebiet der NATO.

Seit März übt die US-Armee nun mit „Defender Europe 2021“ den Krieg gegen Russland in Osteuropa. Mit 31.000 Soldat*innen und über 30 Einzelmanövern, diesmal trotz Pandemie. Wir fordern: Lockdown für das Militär, nicht nur während der Pandemie!

Die Schwerpunktregionen sind in diesem Jahr der Westbalkan und der Schwarzmeerraum. 21 Nato-Staaten sind beteiligt, außerdem die Ukraine, Georgien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Moldawien. Die USA und ihre Vasallenstaaten üben die Einkreisung Russlands.

Auch diesmal ist Deutschland wieder mit dabei. Neben der Unterstützung beim Transit der US-Truppen wird die Bundeswehr mit 430 Soldatinnen und Soldaten in der Kernzeit von Defender 2021, im Mai und Juni, in Rumänien und Ungarn an Kriegsmanövern teilnehmen. Die Kosten für die Teilnahme der Bundeswehr werden derzeit mit 2,9 Mio. Euro beziffert und darin sind die Kosten für Schäden an der zivilen Infrastruktur noch nicht mal enthalten. In Deutschland sollen auch wieder Truppenübungsplätze für Teilübungen genutzt werden.

Das Münsterland spielt dabei eine zentrale Rolle: Aus dem „Army Preposition Stock“, dem 2017 neu errichteten Nachschublager der US-Armee in den ehemals britischen Tower Barracks in Dülmen, werden in den nächsten Wochen Militärmittel, Waffen, Munition und Versorgungsmaterial, an die an Defender 2021 beteiligten US-Einheiten geliefert.

Am Montag, im Rahmen des Ostermarsches Kreis Coesfeld, werden wir deshalb eine Stunde den Eingang dieses US-Militärlagers blockieren. Ich hoffe, dass ich viele von euch da wiedersehe!

Wenn Ihr euch fragt: „vor was oder wem sollen uns diese unfassbare Aufrüstung und die ständigen Militäraufmärsche schützen“, und Ihr findet keine Antwort, dann liegt das daran, dass es tatsächlich nur eine rationale Begründung für das alles gibt:

Die einzigen, die Profit schlagen, aus der Kriegslust und dem explodierenden Aufrüstungsboom, insbesondere der USA und NATO-Staaten, sind die Rüstungsunternehmen, die auch heute Rekordgewinne einfahren. Selten war die menschenfeindliche Nutzlosigkeit des Militärs so offensichtlich wie jetzt, wo wir in der Corona-Pandemie rund um den Globus die gleiche Bedrohung, die gleichen Ängste und die gleichen Hoffnungen teilen und die Menschen weltweit realisieren, dass alle Ressourcen dringend gebraucht werden, um diese Naturkatastrophe und ihre Auswirkungen zu bewältigen.

Es wird Zeit, dass wir diese Erfahrung nutzen und uns verbünden, gegen die politischen Sprengköpfe und Kriegsgewinnler, hier bei uns und weltweit, die viel zu lange schon und viel zu unbehelligt ihr Geschäft verrichten.

Tatsache ist: für die Missstände und Bedrohungen, die unsere Existenz wirklich gefährden, Klimakrise, Armut, Ausbeutung, Hunger, die Pandemie, hat kein Militär dieser Welt eine Lösung parat. Sicherheit für alle Menschen zu schaffen ist eine riesige Herausforderung, die nur zivil gelingen kann und dabei kann sich die Friedensbewegung auf DIE LINKE verlassen, die ganz klar sagt:

Die Waffen nieder!

Abrüsten statt aufrüsten!


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Rede von Thomas Siepelmeyer vom AKAFRIK – Arbeitskreis Afrika – Münster vor dem sog. „Traindenkmal“ (Kolonial-Schandmal) am zentralen Ludgeriplatz in Münster während der Zwischenkundgebung der Osterfriedensfahrraddemo am 3.4.21

Das sog. Traindenkmal am Ludgeriplatz in Münster bezieht sich nicht nur auf den Völkermord an den Nama und Herero in der Kolonie
Deutsch-Südwestafrika Anfang des letzten Jahrhunderts, sondern auf der
westlichen kleinen Gedenktafel wird ein deutscher Soldat geehrt, der bei
der brutalen und blutigen Niederschlagung des Boxer-Aufstand in China
1901 „für Kaiser und Reich“ zu Tode kam – „den Heldentod starb“.

„Es starb den Heldentod / für Kaiser und Reich / in China 1901 /
Trainsoldat / Karl Adami II. Komp.“

Ich werde mich deshalb an diesem Schandmal heute nicht – wie sonst seit
jetzt fast 4 Jahrzehnten – zum Genozid der kaiserlichen Armee an den
Menschen in Namibia äußern, sondern zur Geschichte der Beziehungen der
imperialistischen Mächte zu China, als Kaiserreich, als Republik und
Volksrepublik; insbesonders wegen der heute immer mehr aufgeputschten
Stimmung auch hier gegen chinesische / asiatische Menschen oder solche,
die dafür gehalten werden.

Es gibt seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, seit den beiden
Opiumkriegen Großbritanniens und Frankreichs (1839 – 42 und 1856 – 60),
die den Beginn der Kolonisierung des chinesischen Reiches markieren,
eine lange Reihe der rassistischen Schmähung chinesischer Menschen, die
bis heute andauert.

Die „gelbe Gefahr“ war von Beginn an im 19. Jhdt. das übergreifende
Narrativ der imperialistischen Mächte von den USA bis zu den
europäischen Mächten, die sich Stücke vom chinesischen Kuchen
abschneiden wollten. Billige chinesische (Zwangs)Arbeiter waren das
Hauptarbeitskräfte-Potential für den Bau der Eisenbahnlinien in den
USA. Als der dann für’s erste beendet war, stießen chinesische
Ankömmlinge in den 1880er Jahren auf immer heftigere Feindseligkeit,
neue Gesetze wurden erlassen, um sie von der Einwanderung in die USA
auszuschließen, aber viele kamen illegal an. Die Feindseligkeit zwang
sie in „Chinatowns“ oder ethnische Enklaven in den größeren Städten.

Die „Strafexpeditionen“, welche das deutsche Expeditionskorps ab
September 1901 im Zuge der Niederschlagung des sog. Boxeraufstands im
chinesischen Hinterland durchführte, waren in besonderer Weise von
einem rassistischen Rachegedanken motiviert. Wilhelm II. hatte die
20.000 Freiwilligen in Bremerhaven mit den Worten verabschiedet: „Wie
vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen
gemacht, der sie noch jetzt in der Überlieferung gewaltig erscheinen
lässt, so möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise
bekannt werden, dass niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen
Deutschen auch nur scheel anzusehen.“

Als 1949 mit dem Sieg der Kommunistischen Volksbefreiungsarmee (People’s
Liberation Army – PLA) China zur Volksrepublik wurde, wurden die
chinesischen Menschen im weiteren Verlauf der Geschichte mit einem
Narrativ aus der Tierwelt rassistisch beleidigt: die blauen oder roten
Ameisen. Bücher mit diesen Bezeichnungen im Titel erscheinen massenhaft
nach 1949.

Heute ist es ganz normal, dass in Bezug auf China von Dieben die Rede
ist, die unsere Technik stehlen, von Soldaten, die uns im
südchinesischen Meer (!!) bedrohen und unsere gottgegebenen Rechte dort
nehmen wollen, von chinesischen Arbeiter*innen und Unternehmer*innen,
die uns unsere Weltmarktanteile und Einflußgebiete stehlen wollen…
was erdreisten sich diese Ameisenmassen?

Als schwerwiegendste Fälle antiasiatischer Gewalt nach 1945, die mit
antichinesischem Rassimus in enger Verbindung stehen, sind die Pogrome
in Hoyerswerda 1991 und Rostock-Lichtenhagen 1992 in das kollektive
Gedächtnis asiatischer Deutscher eingegangen. Wohngebäude, in denen
eine größere Anzahl von Vietnames*innen lebte, wurden unter den Augen
applaudierender Zuschauer*innen von gewalttätigen Rechtsradikalen
angegriffen. Die Polizei wartete in beiden Fällen tagelang, bis sie
geringfügig eingriff.

Im Kontext der Corona-Pandemie, die weltweit mit steigender
rassistischer Diskriminierung und Übergriffen auf chinesische Menschen
und die chinesische Kultur und Politik einhergeht, wird nun vermehrt
über antichinesischen / antiasiatischen Rassismus in Deutschland
gesprochen. Es wird fast unterschiedslos in allen Medien das Bild des
unzivilisierten Chinesen gezeichnet, der alles in und aus der Tierwelt
frißt und gebraucht und deshalb – vereinfacht dargestellt – für den
Corona-Virensprung von den Fledermäusen auf die Menschen
verantwortlich ist.

Dass in China mit seinen über 1,4 Milliarden Menschen die Pandemie
praktisch eingedämmt ist, ist wiederum nur erklärlich damit, dass
chinesische Menschen sich allen Zwangsmassnahmen ihres Staates furchtsam
und ohne eigenen Willen unterwerfen, auf keinen Fall darf es irgendeine
bewußte, von den Menschen getragene rationale Begründung für das
erfolgreiche Vorgehen Chinas gegen das Corona-Virus geben.

Gegen diese Fortschreibung der rassistischen Politik und Geisteshaltung
aus der Kolonialzeit und später dann der Zeit des sog. „kalten
Krieges“ nach dem 2. WK gegenüber asiatischen Menschen müssen wir uns
als Antikriegs- und Friedensbewegung heute explizit stellen, gegen alle
Versuche, den imperialistischen Block der Kolonialzeit gegen China im
Gewand der NATO wiederherzustellen und die NATO im südchinesischen Meer
gegen die Volksrepublik in Stellung zu bringen.

Laßt uns hier in DE eine konkrete Aufgabe ins Auge fassen, die mir in
den kommenden Monaten erreichbar scheint: verhindern wir politisch auf
alle mögliche Weise die geplante Ausfahrt eines Zerstörers der
Bundesmarine in den Indo-Pazifik und in das südchinesische Meer, der
zur Unterstützung der NATO und sonstigen westlichen Präsenz in der
Region gegen die Volksrepublik dienen soll.

Für uns werden die Umbenennung der Ketteler Str., des
Kaiser-Wilhelm-Rings und die Umwidmung des kolonialistischen Ketteler
Denkmals im Schloßgarten in Münster in Zukunft weitere Angriffspunkte
antirassistischer und antikolonialistischer Politik sein – Und die
Universität muss sich endlich von ihrem Namensgeber, dem vielfachen
Völkermörder Wilhelm II trennen und sich einen Namen geben, der mit
unserem demokratischen (Aus)Bildungsideal kompatibel ist.

Aufstand der Boxer gegen die Präsenz ausländischer Mächte in China
1901

„Iltis“ hieß das deutsche Kanonenboot, das unter seinem Kapitän Lans
am 17. Juni 1900 das chinesische Fort Taku beschoss. Zum ersten Mal
tauchte die Bewegung, der die Europäer den Namen „Boxer“ gaben, 1898 im
Hinterland des deutschen „Pachtgebietes“ Tsingtau in der Provinz
Shandong auf. Man gab den Aufständischen den einprägsamen Namen in
Anlehnung an die von ihnen praktizierten traditionellen Kampfsportarten.
Tatsächlich aber wussten die imperialistischen Staaten, die sich
überall in China Einflusssphären gesichert hatten, so gut wie nichts
über die Boxer. „Sie besaßen weder eine einheitliche Führung, noch
eine zusammenhängende Ideologie“, sagt Klaus Mühlhahn, Sinologe am
Institut für Ostasienwissenschaften der FU Berlin.

Hinter dem Aufstand stand die Verzweiflung der von Naturkatastrophen
heimgesuchten Landbevölkerung. 1898 überschwemmte der Gelbe Fluss die
Äcker. Ein Jahr später vernichtete eine Dürre die Ernte. Zahlreiche
Gedichte, Pamphlete und Wandzeitungen, die von taoistischen Priestern
und buddhistischen Mönchen verfasst wurden, machen die Ideenwelt der
Boxer anschaulich. Klaus Mühlhahn hat sie ausgewertet. Es regnete nicht
mehr, weil die Götter über die Anwesenheit der „fremden Teufel“, der
Christen, Missionare und Ausländer, erbost seien. Nur wenn man sie
töte, würden die Götter wieder milde gestimmt sein.

Im Frühjahr 1900 hatte sich die Boxerbewegung bis in die Mandschurei
ausgedehnt. War sie zunächst noch ein ländliches Phänomen, griff sie
seit Sommer auch auf die nordchinesischen Städte über. Die
kaiserlich-chinesische Regierung, selbst wenn sie gewollt hätte, war
außerstande, den Aufstand einzudämmen. Am 13. Juni 1900 drangen
Boxerscharen in Peking ein, töteten chinesische Christen und
plünderten.

Angriff auf das Diplomatenviertel

Am 21. Juni – eine Reaktion auf die Beschießung der Forts von Taku
durch die imp. Mächte – erklärte China allen Kolonial-Mächten
offiziell den Krieg. Die Boxer, unterstützt von regulären kaiserlichen
Truppen, belagerten das Diplomatenviertel. Der deutsche Gesandte
(Botschafter) Clemens August Freiherr von Ketteler (seit 1900), der aus
Münster kam, u.a. in Coesfeld aufs Gymnasium ging und in Münster
beerdigt ist, fiel am 21.6. den Schüssen eines chinesischen Soldaten
zum Opfer. Schon am 13. Juni hatte von Ketteler selbst einen „Boxer“
mitten aus einem Haufen auf der Gesandtschaftsstraße angegriffen.
Dieser trug die geheiligte Haube und war mit einem Schwert bewaffnet.

Fast zwei Monate wehrten sich die in der Hauptstadt eingeschlossenen
Ausländer gegen die chinesische Übermacht. Erst am 14. August, nach 55
Tagen, in denen 62 Ausländer und eine nicht bekannte Zahl chinesischer
Christen ihr Leben verloren hatten, befreite sie ein über 20.000 Mann
starkes multinationales Heer aus britischen, französischen,
amerikanischen, deutschen, russischen und japanischen
Marineinfanteristen.

Zu dieser Zeit befand sich das am 27. Juli von Bremerhaven gestartete
deutsche Expeditionskorps unter dem Kommando des Generals Alfred von
Waldersee noch immer auf hoher See. Es traf erst Ende September in China
ein. Zwar standen sich die imperialistischen Mächte in der brutalen Art
der Kriegführung gegen die Chinesen in nichts nach. Das Völkerrecht,
immerhin in Europa in Ansätzen in der ersten Haager Konvention
formuliert, blieb hier ein Fremdwort. Doch die „Strafexpeditionen“,
welche das deutsche Expeditionskorps ab September im Hinterland
durchführte, waren in besonderer Weise von einem rassistischen
Rachegedanken motiviert. Wilhelm II. hatte die 20.000 Freiwilligen in
Bremerhaven mit den Worten verabschiedet: „Wie vor tausend Jahren die
Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch
jetzt in der Überlieferung gewaltig erscheinen lässt, so möge der
Name Deutschland in China in einer solchen Weise bekannt werden, dass
niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen Deutschen auch nur scheel
anzusehen.“

Die „Hunnen-Rede“ des Kaisers machte in aller Offenheit die Brutalität
eines sozialdarwinistisch aufgeladenen Gesinnungsmilitarismus deutlich.
Der Sinologe Mühlhahn hat in Wilhelms Rede zahlreiche religiöse
Ausdrücke entdeckt: Für ihn ein Beleg dafür, den Boxerkrieg vor allem
als einen Glaubenskrieg zu deuten. Die Chinesen, die es „gewagt“ hatten,
die christliche Kultur anzugreifen und das Leben von Europäern zu
bedrohen, hätten nicht mehr auf die Humanität des Abendlandes bauen
können und das Recht auf faire Behandlung verwirkt.

Unverhohlen appellierte der Monarch an seine Soldaten, jegliche
moralischen und humanitären Bedenken hinter sich zu lassen. „Die
Aufgabe, zu der ich Euch hinaussende, ist eine große. Ihr sollt
schweres Unrecht sühnen. Aber Ihr sollt auch rächen, nicht nur den Tod
des Gesandten, sondern auch vieler Deutscher und Europäer. Kommt Ihr
vor den Feind, so wird er geschlagen. Pardon wird nicht gegeben,
Gefangene werden nicht gemacht.“

Von diesem Freibrief machten die deutschen Truppen regen Gebrauch. Sie
hielten sich nicht lange damit auf, Boxer und Nicht-Boxer auseinander zu
halten. Galt ein Dorf als „Boxer-Dorf“, wurden kurzerhand alle Bewohner
ermordet und die Häuser niedergebrannt. Wie viele Chinesen diesem
Völkermord zum Opfer fielen, ist bis heute nicht bekannt. Die
Ankündigung des deutschen Kaisers „Gefangene werden nicht gemacht“
wurde Wirklichkeit. „Es gab während der noch fast einjährigen Kämpfe
nirgendwo Gefangenenlager“, berichtet der Sinologe Mühlhahn.

Eine Kriegführung, die sich in erster Linie gegen die Zivilbevölkerung
richtete, war bis dahin in Europa unbekannt. Sie wurde in den Kolonien
erprobt und gelangte im Ersten und Zweiten Weltkrieg nach Europa
zurück. Als im Herbst 1901 der letzte Widerstand auf dem Land gebrochen
war, zwangen die Sieger dem Land einen Friedensvertrag auf. Das
sogenannte „Boxerprotokoll“ enthielt drakonische Bestimmungen. Zehn hohe
chinesische Beamte wurden hingerichtet, viele weitere zu hohen
Freiheitsstrafen verurteilt. Vor allem ließen sich die kolonialen
Mächte ihr „Engagement“ in barer Münze zurückzahlen: über 300
Millionen Dollar betrug die „Entschädigung“.

Fast noch wichtiger war es dem Deutschen Reich, neben der materiellen
auch eine symbolische Wiedergutmachung durchzusetzen. Der chinesische
Prinz Chun musste im Rahmen einer „Sühne-Reise“ im September 1901 vor
Wilhelm II. in Berlin den Kotau vollziehen und ihn offiziell um
Verzeihung bitten. Unter den Mandschu, der aus der Mandschurei
stammenden seit 1644 herrschenden Dynastie, erfuhr China seine tiefste
Demütigung.

Der Nationalismus wurde mächtig

Indes gelang es schon nach 1900 keiner der imperialistischen Mächte
mehr, China Interessenssphären, Wirtschaftskonzessionen oder
Pachtgebiete gewaltsam abzuringen. Der Nationalismus war auch im „Reich
der Mitte“ zu einer Macht geworden. Der Boxeraufstand hatte also
indirekt dazu beigetragen, das moderne China herauszubilden. Als 1949
mit dem Sieg der Kommunistischen Volksbefreiungsarmee (People’s
Liberation Army – PLA) China zur Volksrepublik wurde, stand die
Erinnerung an den Boxeraufstand erstmals unter positivem Vorzeichen.
Besonders während der Kulturrevolution zwischen 1966 und 1976 galten
die Boxer als mutige Helden und antiimperialistische Patrioten.

Mit freundlichen Grüßen / Best regards / Muy atentamente

Arbeitskreis Afrika – AKAFRIK – Münster


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Rede von Anne Sandner (Organisationssekretärin vom DGB Münsterland) auf der Auftaktkundgebung der Osterfriedensfahrraddemo am 3.4.21

(gehalten vor dem Schloss der Westfälischen Uni Münster, die von manchen (können wir sie abwählen?) immer noch gerne nach dem Kriegsverbrecher und Antisemiten Kaiser Wilhelm II. benannt wird – Kommentar von Jewgenij Arefiev)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

vielen Dank für die Einladung als Gewerkschafterin beim diesjährigen Ostermarsch ein paar Worte an euch richten zu dürfen.

Über 61 Jahre lang waren und sind immer viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aktiv dabei, allen voran der Freund und Kollege Willi Hoffmeister aus Dortmund, der selbst im hohen Alter den Ostermarsch Rhein-Ruhr immer noch mit organisiert und in der IG Metall seit Jahrzehnten unermüdlich für die Rüstungskonversion kämpft.

Dennoch ist leider festzustellen, dass unsere Gruppe strukturell nicht besonders stark vertreten ist. Dabei sind doch die Gewerkschaften einst angetreten um die Arbeits- und Lebensbedingungen der abhängig Beschäftigten zu verbessern. Und für gute Lebensbedingungen ist das friedliche Zusammenleben auf dieser Erde von zentraler Bedeutung. Wissend, dass Frieden viel mehr ist, als die Abwesenheit von Krieg und jeder Krieg ein Verbrechen an der Menschheit ist. Ob auch alle, die mit der Kriegsmaschinerie ihr Geld verdienen somit als Verbrecher zu bezeichnen seien, mag jede und jeder für sich selbst entscheiden.

Um allerdings keineswegs ein Verbrecher zu gelten oder Verbrechen zu unterstützen, wäre es demnach folgerichtig für ein Ende der Produktion von Rüstungsgütern, Atom- und Kleinwaffen zu sorgen. Deutschland könnte hier mit gutem Beispiel vorrangehen. Abrüsten statt Aufrüsten, das ist nach wie vor das Gebot der Stunde!

Mir ist klar, dass die Entscheidung zur Rüstungskonversion unweigerlich zur Vernichtung von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie führen wird. Das ist natürlich für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen ein Schicksalsschlag. Hängt doch ihre persönliche Lebensplanung, die Existenz ihrer Familie, die Entwicklung des Dorfes, der Stadt und vielfach sogar der ganzen Region davon ab. Hier gilt es die Betroffenen nicht sich selbst zu überlassen, sie aktiv zu unterstützen und für Perspektiven zu sorgen.

Aber das Arbeitsplatzargument wiegt anscheinend unterschiedlich schwer, denn über die Arbeitsplätze, die der Monopolisierung, Rationalisierung und Digitalisierung zum Opfer gefallen sind, wird wenig gesprochen oder es als unausweichlich hingenommen.

Der Abschied vom Steinkohlenbergbau z.B. wurde zwar mit großem Bedauern und viel Gefühlsduselei betrieben, zeigt aber auch, wenn der politische Wille da ist, werden solche Entscheidungen getroffen, auch wenn es Arbeitsplätze kostet. Deshalb leuchtet mir nicht ein, dass das Arbeitsplatzargument in der Rüstungsindustrie mehr wiegen soll, zumal wir hier im direkten Zusammenhang gerade einmal über 20.000 Arbeitsplätze reden. Für diese Kolleginnen und Kollegen finden wir sicherlich vor dem Hintergrund des proklamierten Fachkräftemangels eine neue und viel sinnvollere Beschäftigung.

Auch als in Bochum insgesamt über 20.000 Opelaner*innen über viele Jahre ihre Arbeitsplätze, ihre Existenzen und ihren Kampfgeist verloren haben, war kaum Wehklagen zu hören. Auch am Ende letzten Jahres als Armstrong in Münster die Produktion eingestellt hat, war es ziemlich still.

Das Arbeitsplatzargument hinkt also gewaltig !!

Was in dem Zusammenhang viel lauter, ehrlicher und betont gesagt werden muss: an den Rüstungsgütern wird jede Menge Geld verdient. Bei allem Wissen um das Scheitern von Konfliktlösungen mit Gewalt – Tod, Elend und Zerstörung immer die Folgen sowie Fluchtbewegungen die Konsequenz sind, ist es unerklärlich, warum immer mehr Geld für Rüstungsgüter ausgegeben werden. Deutschland hat seine Militärausgaben auf mittlerweile knapp 45 Milliarden Euro erhöht, und nennt das Verteidigungshaushalt. Das selbst auferlegte 2%-Ziel der Nato ist damit aber immer noch nicht erreicht. Was könnte man mit diesem Geld alles Sinnvolles anrichten!?

Die 29 Nato-Mitglieder zusammen kommen auf die Hälfte der weltweiten Militärausgaben und werden nicht müde, das Feindbild Russland immer wieder zu befeuern und um China zu erweitern. Dabei ist es die Nato, die provozierend direkt an der russischen Grenze mit ihren Manövern ihre Muskeln spielen lässt.

Der Kampf um Ressourcen, Machterlangung, Machterhalt und vor allem das Streben des Kapitals sich zu vermehren, das sind die Triebfedern, die die Rüstungsindustrie als Gelddruckmaschine so attraktiv macht. Jede kriegerische Auseinandersetzung erneuert die Nachfrage nach mehr und besseren Waffen und am Wiederaufbau lässt sich dann auch noch Geld verdienen, was beim nächsten Anlass wieder zerstört wird. Ein widerlicher und menschenverachtender Kreislauf.

Aktuell verfügt ein knappes 1% der erwachsenen Weltbevölkerung, das sind 52 Mio Menschen über fast die Hälfte des globalen Vermögens. Die Klimakrise wird diese Spaltung noch vertiefen. Wenn wir den Frieden wollen, dürfen wir weder das Sterben der Menschen in Kriegen oder im Mittelmeer sowie das Sterben unseres Planeten länger hinnehmen, noch die Spaltung der Welt in arm und reich. Statt immer höhere Rüstungsausgaben, brauchen wir mehr Geld für Klimaschutz, Sozialleistungen und Investitionen in die Daseinsvorsorge.

Die aktuelle weltweite Pandemie verschärft diese Spaltung zusätzlich. Die einen verdienen an dem Coronavirus direkt oder durch Finanzspekulationsgeschäfte, während die anderen durch Kurzarbeit oder Erwerbslosigkeit, Angst um ihre Zukunft haben. Die Pflegekräfte und Verkäufer*innen wurden zu Beginn der Krise noch voller Dankbarkeit beklatscht. Doch als es darum ging, diese Dankbarkeit in mehr Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen auszudrücken, wurde da eher die kalte Schulter gezeigt. Hier haben sich gerade die kirchlichen Arbeitgeber zum Vasallen der privaten investorgesteuerten Pflegeindustrie gemacht, indem sie den neuen Tarifvertrag nicht anerkannten. Die Privaten können sich nun genüsslich im Hintergrund zurücklehnen.

Wieder andere Beschäftigte sind mehrfach belastet, müssen sie parallel zum Homeoffice das Homeschooling übernehmen. Hier sind es vor allem wieder die Frauen, die in einer „Rolle rückwärts“ ihre Erwerbsarbeit reduzieren, um die unbezahlte Arbeit in der Haushalts-, Pflege- und Bildungsarbeit zu übernehmen.

Auch wenn richtigerweise unsere Regierung versucht durch vielseitige finanzielle Unterstützungen vielen Ängsten den Druck zu nehmen, wissen wir doch auch, wer am Ende die Zeche bezahlen muss. Wenn in 2025 die ersten Zinsen fällig werden, wird es den Resten unseres Sozialstaates an den Kragen gehen. Rente mit 70, private Krankenversicherungen werden da wohl nur der Anfang der Szenarien sein, die sicherlich bereits in den Denkfabriken der Chicago Boys durchgespielt werden. Deren Lobbyisten stehen schon z.B. bei unseren Volksvertretern Schlange um ein Nachfolgemodell der gescheiterten Riesterrente zu etablieren.

Wenn man vielen Umfragen trauen soll, empfinden viele Menschen unsere Gesellschaft als ungerecht und wünschen sich in einer friedlichen gerechten Gesellschaft zu leben. Doch wir befinden uns auf einem entgegen gesetzten Kurs in der seit über 30 Jahren anhaltenden und seit 20 Jahren verschärften neoliberalen Politik der Privatisierung, Deregulierung, Umverteilung, Ökonomisierung aller Lebensbereiche und des Abbaus des Sozialstaates. Eine produzierte immer stärkere Ellenbogenmentalität, die Zunahme befristeter, schlecht bezahlter und unsicherer Jobs, Reallohnverluste, Renten, die zunehmend Armut bedeuten, Kumpanei der Regierenden mit der Großindustrie, Explosion der Mieten in den Metropolen, Weigerung von Regierung und Industrie die Klimakrise wirklich zu bekämpfen, Zweiklassenmedizin, Pflegenotstand, Bildungsnotstand und eine Sparpolitik zulasten der Infrastruktur und öffentlicher Aufgaben. All dies führt bei den Menschen zunehmend zu Ängsten vor Abstieg und Armut, Verunsicherung, Ungerechtigkeitsempfinden, Wut, Ohnmacht und zu gesellschaftlicher Spaltung. Dieses Gift, das die Faschisten, Antisemiten und Rassisten nährt, gilt es zu bekämpfen und zu beseitigen.

Was wir brauchen ist eine wirklich friedliche und gerechte Gesellschaft für Alle!

Ich möchte in einem Land leben, das keine Waffen produziert und auch kein Geld dafür ausgibt. Ein Land, in dem junge Menschen zu sozialen Wesen erzogen und nicht als mörderischen Handlanger für politische geostrategische Ziele missbraucht werden. Ein Land in dem alle ein Ein- und ein Auskommen haben. Dafür brauchen wir aber dringend einen entsprechenden Politikwechsel. Geld für alles wäre genug da: Abkehr von der Schuldenbremse, keine Militärausgaben, eine Finanztransaktionssteuer, sowie mehr Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit und konsequente Verfolgung von Steuerflucht – es mangelt eigentlich nicht an Geld, sondern es mangelt am politischen Willen für eine gerechte Gesellschaft. Doch für diesen Willen gilt es zu kämpfen. Der Anfang kann im September gewählt werden und ich wünsche mir zusätzlich, dass die rechten Ratten wieder aus unserem Bundesparlament vertrieben werden.

Aber Wünsche alleine werden da nicht helfen, denn wenn wir etwas aus der Vergangenheit gelernt haben sollten: Geschenkt bekommen wir nix, auch keine gerechte Gesellschaft – und um Rosa Luxemburg am Ende zu zitieren: Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht!

Deshalb lasst uns dafür gemeinsam heute und an vielen kommenden Tagen mit Abstand aber mit Anstand und aller Entschlossenheit bewegen und unsere Themen auf die Straße bringen!

Danke für eure Aufmerksamkeit!

Anne Sandner, Münster, 3.4.2021


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PM: Die Friedenskooperative Münster ruft zur Teilnahme an der Osterfriedensfahrraddemo für Frieden, Abrüstung und Umweltschutz am Sa. 3.4.21 auf!

Rund um Ostern finden bundesweit ca. 100 Aktionen im Rahmen der Ostermärsche statt, auch in Münster ruft die Friedenskooperative auf, sich an der Fahrrad-Demo für Frieden, Abrüstung und Umweltschutz am Sa. 03. April zu beteiligen. Unterstützt wird sie dabei durch Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Münster, pax christi Münster, DGB Münsterland, Arbeitskreis Afrika Münster (AKAFRIK), Fari Hadipour (Das Boot – Musik für den Frieden) u.a. Fari Hadipour spielt Musik für den Frieden bereits ab 13:45 Uhr vor dem Schloss, Schlossplatz. Ab ca. 14:05 reden dort: Rosemarie Brombach (Friedenskooperative Münster) und Anne Sandner (Organisationssekretärin des DGB Münsterland). Um ca. 14:30 Uhr geht es mit den Fahrrädern weiter: Schlossplatz, Promenade, Gerichtsstraße, Universitätsstraße, Bispinghof, Rothenburg, Aegidiistraße, Promenade bis zum Train-Denkmal am Ludgeriplatz. Auf der Zwischenkundgebung vor dem Train-Denkmal von ca. 14:45 – 15:00 Uhr reden Jewgenij Arefiev (Sprecher der DFG-VK Münster) und Thomas Siepelmeyer (Sprecher des Arbeitskreises Afrika Münster AKAFRIK). Um ca. 15:15 Uhr geht es weiter mit Fahrrädern durch Promenade, Ludgeristraße, Ludgeriplatz (Kreisel), Hafenstraße, Hansaring, Hohenzollernring bis zur Kaserne an der Manfred-von-Richthofen-Straße 8. Auf der Abschlusskundgebung vor der Manfred-von-Richthofen-Kaserne ab ca. 15:30 Uhr reden Kathrin Vogler MdB (friedenspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke), Maria Buchwitz (Diözesanvorsitzende von pax christi Münster) und Hugo Elkemann (Sprecher der Friedenskooperative Münster). Fari Hadipour (Das Boot) spielt Musik für den Frieden. Um ca. 16 Uhr endet die Versammlung.
Unsere Forderungen:
Abrüsten statt Aufrüsten!
Auch für 2021 wurde der Rüstungshaushalt der Bundesrepublik für umfangreiche Neuanschaffungen und Auslandseinsätze erhöht, obwohl das Geld im Sozial-, Bildungs-, Sozialwohnungsbau- und Gesundheitsbereich fehlt. 
Nein zu Neuanschaffungen von Killerdrohnen und Kampfbombern!
In den Frieden investieren, nicht in Rüstung und Krieg! 
Atomwaffen ächten!
Der Bundestag und die Bundesregierung, unterzeichnet und ratifiziert den UN-Atomwaffenverbotsvertrag vom 22. Januar 2021!
Keine Anschaffung von neuen Atombombern!
Nein zur Nuklearen Teilhabe Deutschlands!
US-Atomwaffen raus aus Deutschland!
Büchel dicht machen!
Rüstung und Kriege sind die Umwelt- und Klimakiller Nr. 1! 
Durch konsequente Abrüstung ist eine wirksame Umgestaltung der Umweltpolitik möglich. Die geplanten Steigerungen des Rüstungshaushaltes auf 2% des Bundesinlandsprodukts (BIP) betragen ca. 30 Mrd. Euro mehr pro Jahr. Dieser Betrag würde ausreichen, den ÖPNV in der Bundesrepublik auszubauen und kostenlos zur Verfügung zu stellen. 
Umweltschutz statt militärisches Großmachtstreben! 
Nein zum NATO-Hauptquartier der Landstreitkräfte in Münster! 
Die NATO will die Manfred-von-Richthofen-Kaserne in der Friedensstadt Münster zu ihrem zentralen Hauptquartier der Landkräfte machen. 
Wir fordern Konversion, d.h. zivile Nutzung des Grundstücks der Manfred-von-Richthofen-Kaserne!
Ein weiterer militärischer NATO-Strukturaufbau in Deutschland und Europa verstärkt die Konfrontationspolitik gegenüber Russland.
Entspannung durch Abrüstung statt Aufrüstung! 
Für die Teilnahme ist die Einhaltung von den aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen Pflicht. Die Corona-Leugner:innen sind auf der Demo nicht erwünscht.
„Wir haben es in den vergangenen Jahren so gehandhabt, dass wir uns mit Parteifahnen und -abzeichen zurückgehalten haben. Wir werden es in diesem Jahr auch so handhaben. Es basiert nicht auf einer generellen Parteienfeindlichkeit, sondern darum, ein gemeinschaftliches und nicht potentiell verfälschtes Bild nach außen zu stellen. Wir gewähren keiner rechten Gruppierung, Partei oder Einzelperson die Teilnahme an unserer Friedensaktion.“, so Ansgar Schmidt von der Friedenskooperative.