Deutsche Friedensgesellschaft Münster

PM „80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion – Perspektivenwechsel zu Weltkrieg und Kolonialismus notwendig!“

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Anlässlich des 80. Jahrestages des Überfalls der Wehrmacht auf die Sowjetunion (22.6.1941) veranstalten die münsterschen Gruppen die Friedenskooperative (FRIKO), Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), der Arbeitskreis Afrika (AKAFRIK), pax christi, VVN-BdA u.a. am Mo. 21. Juni von 16:30 bis 20 Uhr eine Demonstration mit Kundgebungen, Musikbeiträgen und Lesungen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 und die deutschen kolonialistischen Verbrechen sind 2 Seiten ein und derselben Medaille!

Alle Aktionen sind angemeldet:
Kundgebungen/Demozug in Münsters Innenstadt. Wir starten am Traindenkmal (Ludgeriplatz/Promenade) ab 16.30 Uhr mit Musik und Lesung, dann ab 17.00 Uhr mit der Auftaktkundgebung dort, um anlässlich des 80. Jahrestages des Überfalls auf den Zusammenhang (politisch/personell/ideologisch) von Kolonialismus und Faschismus in Deutschland hinzuweisen und den Perspektivenwechsel in dieser Hinsicht einzufordern. (Zu diesem Zweck soll ein erstes grobes Modell des umgebauten / aus seiner Position gebrachten Traindenkmals auf einem Fahrradanhänger mitgeführt werden, so dass alle Anwesenden unseren Vorschlag auch verstehen; das Konzept soll ja mit den Nachfahren der Opfer, die sich hier in Europa organisiert haben, entwickelt werden, so dass wir da natürlich nur sehr wenig bisher vorgeben. Die Original-AKAFRIK-Platte von 1984 werden wir ebenfalls präsentieren und erläutern, wie die evtl. mit in ein würdiges Mahnmal eingebaut werden könnte. Zu diesem Zwecke treffen sich alle, die daran mitbasteln wollen, und auch andere Demo-/Kundgebungsutensilien herstellen wollen, auf dem „Kommune-Hof“ ( 51°48’43“ N 7°44’25“ E ) in Drensteinfurt, Natorp 21, zwischen Albersloh und Drensteinfurt am Samstag, den 19.6.2021, ab 12.00 Uhr. Dort gibt es genügend Platz, Material und Werkzeug, um das alles herzustellen. Kontakt: Thomas Siepelmeyer 02501 964803, 0170 8987914). Redebeitrag: Thomas Siepelmeyer (AKAFRIK): „Der deutsche Völkermord in Namibia“.
Es geht dann ab ca. 17.45 Uhr mit einer Demo durch die Ludgeristr. weiter zum Rathaus, wo zu diesem Zeitpunkt alle Ratsfraktionen ihre Fraktionssitzungen zur Vorbereitung der Ratssitzung am 23.6. abhalten werden; hier werden sie um 18:00 Uhr in einer Rede noch mal aufgefordert, endlich die Steinzeugen des preußisch-deutschen Militarismus, des Faschismus, des Völkermordes und der Menschenvernichtung entlang der Promenade und an anderen Plätzen der Stadt zu entsorgen oder so umzuändern, dass sie ihre beherrschenden Stellungen verlieren und das Gedenken an die vielen Opfer die Oberhand gewinnt.
Um ca. 18:15 Uhr geht es weiter zum Stalingrad-Denkmal am Kalkmarkt an der Promenade (Parkplatz Münzstr. gegenüber der Jüdefelder Str.).
Um ca. 18.30 Uhr werden wir dann an diesem Stalingrad-Schandmal die Abschlusskundgebung starten, dazu wird zunächst einmal das Schandmal verhüllt, weil es ja eine Huldigung der Aggressoren des 22.6.1941 ist.

Hier wird Gerhard Schepper einen Beitrag halten: „Die russische Sicht ernst nehmen – Bericht über eine Reise nach Russland an Orte, wo mein Vater kämpfte. Wir brauchen eine andere Erinnerungskultur mit Russland / Sowjetunion“. Gerhard Schepper hat Orte in Russland besucht, in denen sein Vater als Wehrmachtssoldat kämpfte. Die Reise öffnete seinen Blick auf die russische Sichtweise. „Der tiefste Eindruck meiner Reise war der oft gehörte Satz: „Wir hassen euch nicht mehr für das, was ihr uns angetan habt. Aber warum seid ihr uns immer noch feindlich gesonnen?“, so Gerhard Schepper.

Hugo Elkemann (Friedenskooperative Münster) redet zum Thema: „Wie eine neue Erinnerungskultur aussehen muss“. Es wird weitere RednerInnen, Musikstücke, Lesungen und Diskussionsmöglichkeiten geben.

Wir werden auch vorstellen, wie wir das Stalingrad-Schandmal zerlegen und zerschreddern wollen und mit dem gebrochenen Sandsteinmaterial dann einen Weg um das neu zu gestaltene Namibia-Völkermord-Denkmal am Ludgeriplatz pflastern werden, um die Verbindung von Kolonialismus und faschistischer Vernichtungspolitik deutlich zu machen.

Weitere Programmpunkte sind noch offen, Vorschläge werden gerne entgegengenommen, an der Münzstr. wiederum natürlich Musik- bzw. evtl. literarische Vorträge; es kann hier ruhig ein bisschen länger (bis ca. 20 Uhr) dauern, wir werden Sitzplätze organisieren, so dass auf dem Parkplatz und (je nach Mitmachenden) evtl. darüber hinaus so etwas wie eine Begegnung inkl. Diskussion über das Thema stattfinden kann. Hier können auch Infotische etc. aufstellt werden.
Weitere Aktionen/Aktionsformen können gerne im Rahmen der gesamten Aktion durchgeführt werden; wir bitten nur darum, diese dem ja sehr traurigen Anlass entsprechend zu planen.

Flyer:
http://dfgvk.blog.muenster.org/2021/06/12/zum-80-jahrestag-des-ueberfalls-auf-die-sowjetunion-am-mo-21-6-di-22-6-21-waldfriede-rundgang-eugen-drewermann-vortrag-demo-kundgebungen-musik-lesungen-aktionen/

Deutsche Völkermorde
Am 22. Juni 2021 jährt sich der deutsche Überfall auf die Sowjetunion zum 80. Mal. Zur gleichen Zeit, in der wir dieses verbrecherischen Krieges, eines Vernichtungskrieges gedenken, hat die Bundesregierung den deutschen Völkermord vor über 100 Jahren an den Herero und Nama anerkannt. Das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Mit mehreren Veranstaltungen wollen wir der deutschen Völkermorde gedenken und zu einem Perspektivenwechsel und
einer neuen Erinnerungskultur beitragen.
Perspektivenwechsel
Am 22. Juni jährt sich zum 80. Mal der Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion. Dieser Krieg und die anschließende Besatzung brachten unermessliche Gewalt und unendliches Leid über das Land. Im Zweiten Weltkrieg starben ca. 27 – 35 Millionen Bürger*innen der Sowjetunion, niemand hat wirklich alle Ermordeten auflisten können, Historiker*nnen entdecken noch heute immer neue Quellen, die die Opferliste vergrößern.
Der Sieg wurde von den Menschen der Sowjetunion teuer erkauft: in der relativ kleinen weißrussischen Sowjetrepublik z.B., dem heutigen Belarus, die als erste dem Überfall ausgesetzt war, machten die Deutschen fast 1.000 Dörfer und Städte dem Erdboden gleich. Mindestens 800.000 Einwohner*innen Leningrads (St.-Petersburg) verhungerten bei der bewusst zu diesem Zweck erfolgten Belagerung von 1941 – 44. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt war als Offizier der Wehrmacht für ein Jahr Teil dieses speziellen Mordkommandos vor der Stadt.
Im offiziellen Gedenken in Deutschland spielen diese Ereignisse allerdings keine sehr prominente Rolle. Das Leid bezogen und beziehen die Deutschen hauptsächlich auf sich selbst, als angebliche Opfer der militärischen Gegenwehr der überfallenen Staaten und Nationen.
Zur gleichen Zeit, in der wir dieses verbrecherischen Überfalls gedenken, hat die deutsche Regierung ein Abkommen mit Namibia abgeschlossen, in dem sie den Völkermord der Deutschen an den Ovaherero und Nama nach 113 Jahren endlich anerkennt. Die Bundesrepublik gab nun bekannt, die damaligen Praktiken eines „Rassenkriegs“ (race war) gegen die indigenen Völker Namibias als das zu bezeichnen, was es war: Völkermord, und über die nächsten 30 Jahre insgesamt 1,1 Milliarden Euro „an bestehende Hilfsprogramme zu zahlen.“ Diese Summe entspricht ungefähr dem Haushalt der Stadt Münster für ein einziges Jahr!
Für die Betroffenen eine Beleidigung
Das Abkommen, das aus bilateralen Verhandlungen zwischen der deutschen und der namibischen Regierung hervorgegangen ist, wird allerdings von vielen traditionellen Führern und Repräsentanten der betroffenen Gemeinden abgelehnt und als „Beleidigung“ bezeichnet – bei Lichte besehen eine zutreffende Einschätzung dieser raffinierten diskursiven Verwandlung von fortlaufenden Entwicklungshilfezahlungen in eine große versöhnliche Geste. Die Betroffenen sehen es als zusätzliche Beleidigung für die Jahrhunderte herablassende Haltung gegenüber Ungerechtigkeit und Degradierung der Menschen in Afrika. Der Versuch, die dunkle Vergangenheit in Bezug auf Namibia aufzuarbeiten, bleibt also halbherzig, aber immerhin, ein erster Schritt ist gemacht.
Verständigung mit Russland fehlt
Mit Deutschlands dunkler Vergangenheit in Osteuropa ist dieser erste Schritt noch nicht gemacht. Im Gegenteil, man hat den Eindruck, dass viele unserer Politiker daran arbeiten, bewusst oder unbewusst, die alten, von den Nazis übernommenen antirussischen Ressentiments zu reaktivieren. Eine Verständigung mit Russland fehlt. Ein dauerhafter Friede und Völkerverständigung kann aber nur gelingen, wenn die russischen Ängste ernst genommen werden.
Die Angst vor Deutschland hat seine Gründe
Als Deutsche müssen wir uns immer wieder klar machen, dass diese Ängste und Befürchtungen ihre Gründe haben. Die deutsche Nation wurde schon durch den Krieg gegen Frankreich 1870 chauvinistisch begründet. Ihre erste Aktion war die Unterstützung der französischen Reaktion bei der Niederschlagung der Pariser Kommune. Die Blutspur des deutschen Militarismus führte über den Völkermord in Afrika und die beiden Weltkriege zum Völkermord an den Juden und Jüdinnen Europas, den Sinti und Roma und den Menschen in den Gebieten der überfallenen Sowjetunion. Diese Kontinuität einer aufgezwungenen deutschen Identität lehnen wir ab, und stellen uns überall und immer auf die Seite der Opfer und ihrer Nachfahren.
Zu den Opfern des deutschen Militarismus gehören auch die ZwangsarbeiterInnen. Tausende Männer, Frauen und Kinder wurden nach Deutschland verschleppt – auch nach Münster. In Hiltrup befand sich das Zwangsarbeitslager „Waldfriede“, auf dem am Di. 22.06.21 um 16.00 Uhr ein Rundgang zum Gedenken an die ermordeten ZwangsarbeiterInnen in Hiltrup zwischen Kanal und Hiltrup Ost stattfindet.
Di. 22.06.21 um 19.00 Uhr: Eugen Drewermann: „Wege zum Frieden“ (Vortrag und Diskussion) in der Überwasserkirche.
VeranstalterInnen: Friedenskooperative Münster, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Münster, Arbeitskreis Afrika Münster (AKAFRIK), pax christi Münster, Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e.V. u.a.

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